Belichtungsautomatik und Lichtempfindlichkeit
Immer wieder werde ich gefragt, ob ich ein paar Tipps zum Fotografieren von Tieren geben kann. Da ich darauf nie eine schnelle Antwort parat hatte, entstand die Idee, eine kleine Serie zu diesem Thema zu starten.
Fast jeder hat schon einmal versucht, einen Vogel im Flug, ein Reh im Wald oder den eigenen Hund abzulichten. Doch bei genauer Betrachtung ist man mit den Ergebnissen oft nicht ganz zufrieden. Woran liegt das – und wie lässt sich mehr aus den Bildern herausholen?
Tipp 1: die richtige Automatik wählen
Die meisten Fotografen greifen auf eine am Fotoapparat voreingestellte Funktion zurück: die Programmautomatik (P). Ihr Vorteil liegt darin, dass die Kamera alle wichtigen Parameter wie Blende und Belichtungszeit selbstständig auswählt. Für Alltagssituationen – etwa bei Aufnahmen von Menschen, Landschaften oder Gegenständen – funktioniert das recht zuverlässig. Für anspruchsvollere Aufgaben wie die Tierfotografie ist diese Automatik jedoch meist ungeeignet.
Warum?
Um das zu verstehen, solltest Du zunächst wissen, was die Programmautomatik eigentlich macht:
Bei der Programmautomatik handelt es sich um eine Belichtungsautomatik, bei der die Kamera sowohl Belichtungszeit als auch Blende vollautomatisch bestimmt.
Da sie ein breites Spektrum abdecken muss – von unbewegten Landschaften bis hin zu dynamischen Szenen auf einer Party – wählt die Automatik in der Regel Mittelwerte: eine mittlere Blende und eine mittlere Belichtungszeit.
Für ein sich schnell bewegendes Tier ist eine solche „mittlere“ Belichtungszeit alles andere als optimal. Während der Aufnahme bewegt sich das Tier weiter und das Foto wird unscharf. Fachleute sprechen hier von Bewegungsunschärfe.
An dieser Stelle muss Du eingreifen. Viele Kameras bieten spezielle Motivprogramme wie „Sport“, „Landschaft“, „Porträt“ oder „Makro“ an. Damit signalisiert man der Kamera, was fotografiert werden soll und sie passt die Parameter entsprechend an.
Das Motivprogramm „Sport“ kann zwar helfen, doch für wirklich gute Tieraufnahmen reicht es oft nicht aus.
Was wirklich hilft, ist die Belichtungszeit manuell so zu wählen, dass sie kurz genug für das Tiermotiv ist. In den meisten Fällen sind mindestens 1/500 Sekunde, besser 1/1000 Sekunde erforderlich. Die genaue Wahl hängt auch von der Brennweite Deines Objektives ab.
Es gibt zwei relativ einfache Möglichkeiten:
Programm-Shift
Bei vielen Kameras lässt sich in der Programmautomatik durch Drehen eines Einstellrads die Zeit-Blenden-Kombination verändern, sodass man die gewünschte Belichtungszeit einstellen kann. Welches
Rad dafür zuständig ist, hängt vom Hersteller ab. Der Nachteil: Vor jedem Foto am Rad zu drehen kostet Zeit – und die hat man bei Tieraufnahmen oft nicht.
oder Umstellung auf die ....
Blendenautomatik (Zeitvorwahl)
Deutlich praktischer ist es, direkt auf die Blendenautomatik umzuschalten. Dabei wählt Du die Belichtungszeit vor und die Kamera passt die Blende automatisch an. Diese Funktion besitzen die
meisten Kameras, auch einfache Modelle. Falls sie nicht sofort auffindbar ist, lohnt ein Blick in die Bedienungsanleitung unter „Blendenautomatik“ oder „Zeitvorwahl“. Je nach Hersteller wird sie
mit T, Tv oder S bezeichnet.
Zeitautomatik (Blendenvorwahl):
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Bei der Zeitautomatik wählt der Fotograf die Blende und die Kamera bestimmt die passende Belichtungszeit. Für die Tierfotografie ist sie meist
ungeeignet. Viele Kameras kennzeichnen diese Funktion mit A oder Av.
Tipp 2: die Lichtempfindlichkeit (ISO)
An fast jeder Kamera lässt sich die Lichtempfindlichkeit (ISO) des Sensors einstellen. Das klingt kompliziert, ist es aber nicht.
Was bedeutet Lichtempfindlichkeit?
Mit der ISO-Einstellung wird festgelegt, wie empfindlich der Kamerasensor auf einfallendes Licht reagiert. Je höher der ISO-Wert, desto lichtempfindlicher ist der Sensor. Bei guten Lichtverhältnissen reichen in der Regel ISO 100 oder 200 völlig aus. Bei schlechterem Licht empfiehlt sich eine Einstellung von ISO 400 oder 800.
In der Tierfotografie sind diese Werte jedoch häufig nicht ausreichend. Aufgrund kurzer Belichtungszeiten und oft ungünstiger Lichtverhältnisse ist hier meist eine höhere ISO notwendig. Für Tieraufnahmen ist eine erhöhte Lichtempfindlichkeit daher sinnvoll und in vielen Situationen unvermeidbar. Eine Voreinstellung von ISO 400 bei Sonnenschein oder ISO 800 und höher bei schwachem Licht erhöht die Wahrscheinlichkeit scharfer Aufnahmen erheblich.
Der Nachteil:
Mit steigender ISO nimmt das Bildrauschen zu. Die Fotos wirken dadurch grobkörniger und verlieren an Detailqualität.
Welches Objektiv für welches Motiv?
Die Brennweite des Objektivs ist in der Tierfotografie sehr wichtig, weil sie bestimmt, wie
- wie nah du Tiere abbilden kannst,
- wie stark der Hintergrund verschwimmt und
- wie unauffällig du arbeiten kannst, ohne die Tiere zu stören.
Hier ein paar empfehlenswerte Vorschläge für verschiedene Aufnahmesituationen:
Zoo oder Haustiere:
-
Brennweiten zwischen 100-200 mm reichen oft aus, da die Distanz geringer ist.
-
Vorteil: leichtere Objektive, flexibler Einsatz.
Wildparks oder Freiland:
- Hier solltest du mindestens 300 mm einplanen, um Tiere aus größerer Entfernung nah genug abzubilden.
- Ein Telezoom (z. B. 100–400 mm) bietet Flexibilität.
Vogel- und Wildlife-Fotografie:
- Brennweiten ab 400 mm sind optimal, da Vögel meist klein und weit entfernt sind.
- Festbrennweiten über 400 mm liefern höchste Qualität, sind aber teuer und schwer.
Neben der Brennweite gibt es noch andere Faktoren an Objektiven, die für die Tierfotografie wichtig sind:
-
Autofokus-Geschwindigkeit:
Tiere bewegen sich oft schnell – ein schneller AF ist von großem Vorteil.
-
Bildstabilisator oder Stativ:
Lange Brennweiten sind anfällig für Verwacklungen. Ein Stabilisator oder Stativ hilft enorm.
-
Lichtstärke:
Große Teleobjektive mit f/2.8 oder f/4 sind lichtstark, aber auch kostspielig. Wer nicht täglich Tiere fotografiert, für den sind f/5.6–6.3 oft ein guter Kompromiss.
-
Flexibilität:
Zoomobjektive (z. B. 70–300 mm oder 100–400 mm) sind vielseitig, während Festbrennweiten meist bessere Bildqualität bieten.
Tipp 3: Bildstabilisierung
Die Bildstabilisierung ist in der Tierfotografie ein entscheidender Faktor, weil sie dir erlaubt, auch bei längeren Brennweiten und schwachem Licht scharfe Aufnahmen aus der Hand zu machen. Sie reduziert Verwacklungen, verlängert die mögliche Belichtungszeit und erhöht die Trefferquote bei bewegten Motiven – ersetzt aber nicht kurze Verschlusszeiten, wenn sich Tiere schnell bewegen.
Wenn Deine Kamera bzw. dein Objektiv die Option bietet, solltest Du sie aktivieren. Die Bildstabilisator hat bei den Herstellern unterschiedliche Bezeichnungen: IS (Canon), VR (Nikon), OSS (Sony), OS (Sigma), VC (Tamron)
Profi-Tipp: Umstellung des Bildformats
Wer seine Bilder nachbearbeiten und die Ergebnisse optimieren möchte, sollte – sofern die Kamera es erlaubt – vom JPG-Format auf RAW wechseln.
Gerade in der Tierfotografie ist RAW sinnvoller, da es dir die größtmögliche Flexibilität und Qualität bietet. Tiere bewegen sich oft unvorhersehbar und sind in wechselnden Lichtverhältnissen unterwegs – mal im Schatten des Waldes, mal vor einem hellen Himmel. Eine Kamera, die nur im JPG-Format speichert, komprimiert die Bilddaten stark und legt Belichtung sowie Weißabgleich fest, ohne dass Du Einfluss darauf hast. Dabei gehen viele Informationen verloren, sodass Details fehlen und nachträgliche Korrekturen nur eingeschränkt möglich sind.
RAW-Dateien hingegen enthalten den vollen Dynamikumfang und deutlich mehr Farbinformationen. In der Bildbearbeitung kannst du damit überstrahlte Himmel oder dunkles Fell und Gefieder wieder sichtbar machen, den Weißabgleich anpassen und feine Strukturen herausarbeiten. Besonders bei schwierigen Lichtbedingungen wie Dämmerung oder Gegenlicht ist das ein entscheidender Vorteil.
Zwar sind RAW-Dateien deutlich größer und erfordern (zwangsweise) eine Nachbearbeitung, doch gerade in der Tierfotografie, wo es oft auf den entscheidenden Moment ankommt, geben sie dir die Sicherheit, auch aus nicht perfekten Aufnahmen noch das Beste herauszuholen.
JPG eignet sich für schnelle Schnappschüsse oder wenn Speicherplatz und Geschwindigkeit im Vordergrund stehen. Wer jedoch Wert auf hochwertige, authentische Tierbilder legt, fährt mit RAW deutlich besser.
Für die Tierfotografie gibt es keine einzige „richtige“ Kameraeinstellung, da Motiv, Licht, Bewegung und Distanz stark variieren. Dennoch haben sich bestimmte Grundprinzipien und Startwerte bewährt, die Sie situationsabhängig anpassen können.
1. Aufnahmemodus
- Blendenautomatik: hilfreich bei bewegten Motiven
- Manueller Modus: sinnvoll bei konstantem Licht (z. B. Safari, Ansitz)
- ISO-Automatik: der optimale Modus für die Tieffotografie - Blende und Zeit wird voreingestellt, die Kamera wählt die ISO
- Zeitautomatik: eher unüblich bei Tieraufnahmen: geeignet für nur ruhige oder sitzende Tiere, wenn man Kontrolle über die Schärfentiefe haben möchte
2. Verschlusszeit (entscheidend bei Tieren)
- Ruhende Tiere: 1/250 s
- Gehende Tiere: 1/500 s
- Laufende Tiere: 1/1000 s
- Vögel im Flug: 1/1600–1/3200 s
Faustregel: Je schneller das Tier, desto kürzer die Verschlusszeit.
3. Blende
- f/4–f/5.6: geringe Schärfentiefe, Freistellung vom Hintergrund bei Tierportraits oder Einzeltieren
- f/8: Mehr Schärfentiefe bei größeren Tiere oder Gruppen
- Offenblende (also kleinstmögliche Blendenzahl, z.B. 2.8) nur bei ausreichend präzisem Autofokus verwenden
4. ISO
- So niedrig wie möglich, so hoch wie nötig
- Moderne Kameras: ISO 800–3200 meist problemlos
5. Autofokus
- kontinuierlicher Autofokus am Anfang am sinnvollsten
- Einzelfeld oder kleine Fokusgruppe für präzise Augenfokussierung
- Tier-/Augenerkennung aktivieren, falls vorhanden
6. Serienbildmodus
- Hochgeschwindigkeit / Burst Mode
- Erhöht die Trefferquote bei Bewegung und Ausdruck
7. Brennweite
- Vögel & scheue Tiere: 300–600 mm
- Größere Tiere: 200–400 mm
8. Bildstabilisierung
- Sinnvoll bei Aufnahmen ohne Stativ
- Aktivieren bei statischen Motiven
- Bei sehr kurzen Verschlusszeiten oder Mitziehen ggf. deaktivieren
Typische Startkonfiguration für den Anfang
- Modus: A (Blendenpriorität)
- Blende: f/5.6
- Auto-ISO: 100–3200
- Mindestverschlusszeit: 1/1000 s
- AF-C, Serienaufnahme

Wer Vögel am Himmel fotografiert, stellt schnell fest, dass sie auf den Bildern oft zu dunkel wirken. Der Grund dafür liegt im starken Helligkeitsunterschied: Der Himmel ist deutlich heller als der Vogel, der dadurch im Gegenlicht erscheint. Da meist viel Himmel und nur wenig Vogel im Bild ist, „denkt“ die Kamera, dass der Himmel das Hauptmotiv sei – und belichtet entsprechend.
Was tun?
Um den Vogel korrekt abzubilden, muss die Belichtung angepasst werden. Bewährt hat sich eine Belichtungskorrektur von etwa +1,5 Blendenstufen. Damit ich in solchen Situationen
schnell reagieren kann, habe ich die Belichtungskorrektur auf einen frei programmierbaren Knopf meiner Kamera gelegt. So lässt sie sich im entscheidenden Moment sofort aktivieren.
Bewegungsunschärfe
Um die Wirkung verschiedener Einstellungen zu verstehen, lohnt es sich, selbst zu experimentieren und die Ergebnisse kritisch zu betrachten.
Motivwahl:
Ideal ist eine Straße mit schnellen Autos. Fotografiert dasselbe Motiv mehrfach mit unterschiedlichen Einstellungen. Wichtig: Die Kamera darf nicht mit dem Auto mitgezogen werden. Am besten nutzt ihr ein Stativ, um Verwacklungen zu vermeiden.

Testvarianten:
-
Programmautomatik ohne Shift → Die Kamera schlägt nur eine Einstellung vor, also ein Foto.
-
Programmautomatik mit Shift → Fotografiert mit unterschiedlichen Belichtungszeiten, z. B. von 1/60 bis 1/1000 Sekunde.
-
Motivprogramm „Sport“ → Auch hier gibt es nur eine vorgeschlagene Einstellung, also ein Foto.
-
Blendenautomatik (Zeitvorwahl) → Macht Aufnahmen mit verschiedenen Belichtungszeiten, ebenfalls von 1/60 bis 1/1000 Sekunde.
Beobachtung:
Beim Vergleich der Fotos werdet ihr feststellen: Manche Aufnahmen sind unscharf (Bewegungsunschärfe). Je kürzer die Belichtungszeit, desto geringer die Unschärfe.
Zweite Versuchsreihe:
Nun zieht die Kamera mit dem Motiv mit. Ihr werdet sehen, dass die Bilder völlig anders aussehen – Bewegungen erscheinen dynamisch, das Motiv bleibt scharf.
Demnächst geht es hier weiter.
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