Spontan denken wir bei Ungarn an Pusztaromantik im Stil von „Ich denke oft an Piroschka“, aber auch an Nachrichten, die melden, dass das Land politisch weit nach rechts gerückt ist; an ein Land, dass bis zur Wende hinter dem eisernen Vorhang lag, heute aber einen festen Bestandteil der EU darstellt. Ansonsten wissen wir nicht wirklich viel. Das soll mit dieser Reise anders werden.
Wir sind im Spätsommer (September/Oktober) mit dem Wohnmobil unterwegs. Die touristische Saison in Ungarn nähert sich ihrem Ende, was sich für uns im Oktober als schwierig erweist, da wir zwar möglichst frei reisen wollen, freies Stehen in Ungarn aber nicht erlaubt ist. Wir sind daher auf Campingplätze oder ähnliche Einrichtungen angewiesen und müssen feststellen, dass Mitte Oktober diese insbesondere in den touristischen Hochburgen wie am Plattensee zunehmend schließen. Selbst der McDonalds hat bei unsere Besuch bereits für den Winter zu gemahct; anderswo auf der Welt undenkbar. Auch kulturelle Einrichtungen reduzieren zumindest zum Teil ihre Öffnungszeiten. Außerhalb der großen Städte scheint man die Bürgersteige „hochzuklappen“, wenn solche im überhaupt vorhanden sind.
Unsere Tour führt uns vom Neusiedlersee durch die ungarische Tiefebene entlang der Donau nach Budapest und weiter nach Osten in die Puszta, über Szeged in Grenznähe zu Rumänien und Serbien über den Plattensee zurück.
Wir kaufen uns ein Vignette (mehr darüber am Ende des Berichtes) für die Benutzung der Autobahn, die wir für die ersten beiden Teilstrecken benutzen wollen, um schnell voranzukommen. Ab der Puszta geht es weiter auf Landstraßen. Das Autobahnnetz ist klein aber sehr gut ausgebaut und, zumindest während wir unterwegs sind, wenig befahren. Die Landstraßen sind weit weniger gut in Schuss, aber immer noch gut befahrbar.
Budapest allein ist eine Reise wert. Die herrschaftliche Stadt links und rechts der Donau, zusammengewachsen aus den ursprünglich eigen-ständigen Städten Buda und Pest, zeigt deutlich ihre Vergangenheit in der k. und k. Zeit unter österreichischer Herrschaft und ähnelt Wien, nur kompakter und schöner.
Wir gönnen uns ein Hopp On/Off Ticket zur Benutzung der Touristik-Busse, das auch einen Pendelschiffverkehr einschließt, und können so innerhalb von zwei relativ entspannten Tagen einen guten Überblick über Hauptsehenswürdigkeiten erhalten.
Unser Campingplatz mitten in Budapest:
Campingplatz Haller
Von Budapest aus führt uns unser Weg nach Hortobagy, wo wir Zeit im landschaftlich wunderschönen Naturschutzgebiet verbringen. Leider versteckt sich die Vogelwelt, für die wir uns eigentlich besonders interessieren, vor uns.
Wir treffen aber auf einige junge Leute, die Vögel beringen und offenbar aufgrund ihrer größeren Geduld mehr Glück mit unseren gefiederten Freunden haben als wir, und stellen das erste Mal fest, wie viele Ungarn deutsch sprechen. Das wird uns noch wiederholt auffallen und uns das Leben leichter machen.
Im sehr verlassen wirkenden Ort hängen Plakate, die auf einen Viehmarkt im Zoo hinweisen. Obwohl wir nach dieser Ankündigung mit einem rein touristischen Ereignis rechnen, gehen wir hin und sind massiv überrascht.
Hier werden tatsächlich die einheimischen Rinder gehandelt. Hirten in traditioneller Tracht sind zwar begehrte Fotomotive, aber das Publikum besteht im Wesentlichen aus Einheimischen. Auch im Verpflegungszelt sind wir umringt von Ungarn.
Eine Gruppe Hirten lässt sich mit ihrem Gulasch (das Gericht heißt hier aber richtig Pörkölt und wird gerne mit Tarhonya, ähnlich unseren Spätzle, gegessen), direkt neben uns nieder und beglückt uns mit ihrem zugegebenermaßen mäßigen Deutsch, dass sich auf „guten Tag“ und „ich liebe Dich“ oder so ähnlich beschränkt. Auch wenn die Kommunikation holpert, alle Beteiligten haben Spaß.
Kleiner, einfacher Campingplatz in Horgobagy:
Die Hortobágy-Puszta, die östlich von Budapest zwischen Debrecen und Tiszafüred liegt, hat zum Teil noch ihren ursprünglichen Zustand bewahrt. Dieses Naturschutzgebiet wurde nach dem Flüsschen benannt, das sich von Norden nach Süden durch die Ebene zwischen der Theiß und der Stadt Debrecen schlängelt.
Ein Teil der Hortobágyi Puszta wurde in den 1970er Jahren zum Nationalpark erklärt. Die ökologische Vielfalt reicht von Auwäldern in den Überschwemmungsgebieten der Theiß über Eichenwälder bis hin zu salzigen Sumpfgebieten und Trockenrasen-Steppen.
Es geht für uns nun weiter durch die Puszta nach Bugac, wo wir im dortigen Gestüt an einer Reitervorführung teilnehmen wollen. Diese findet so spät im Jahr offenbar nur noch selten statt, der angeschlossene Campingplatz ist fast verlassen. Wir können aber in Erfahrung bringen, dass später ein Bus erwartet wird und wir uns dieser Gruppe anschließen dürfen.
Die Reitervorführung ist nicht spektakulär aber nett; aber wer durch Ungarn reist und wenigstens ein wenig für für Pferde übrig hat, muss zumindest einmal eine „ungarische Post“ gesehen haben.
Wohnmobilstellplatz:
Wir übernachten am Reiterhof im Puszta Nationalpark. Hier gibt es auch Graurinder, Zackelschafe und Wollschweine zu bestaunen, sowie ein Hirtenmuseum zu erkunden. Die Reitershow beginnt um 11 Uhr.
Unser nächstes Ziel ist Szeged, die drittgrößte Stadt Ungans am Zusammenfluss der Flüsse Maros und Tisza. 1879 durch ein Hochwasser fast vollständig zerstört, wurde die Szeged nicht einfach wiederaufgebaut, sondern neu geplant. Heute ist die Universitätstadtberühmt für ihre Jugendstilarchitektur.
Der Campingplatz von Szeged liegt eigentlicht super direkt am Fluß Theiss und fußläufig zur Innenstadt. Wir haben aber irgendwie Pech, der Platz erscheint verwaist. Aufgrund eines Mangels an Alternativen verbringen wir eine einsame aber auch skurrile Nacht auf dem eigentlich geschlossenen Campingplatz, bewacht von einem seine einsamen Runden ziehenden Wachmann, und "genießen" den Blick auf die Theiss, leere Swimmingpools, heruntergekommene Dadschas auf Stelzen und eine Pick-Salami-Fabrik.
Unser nächstes Ziel, der Plattensee, enttäuscht. Auch in der Saison möchten wir hier nicht wirklich Urlaub machen, da die im Moment „toten“ Straßen deutlich zeigen, welche Art Treiben hier in der Hauptsaison herrscht.
Entsprechend gibt es viele Möglichkeiten für eine Übernachtung. Wir finden einen Stellplatz mit deutschem Betreiber. Da dieser die letzte Nacht vor Ort ist, bevor er für den Winter zurück nach Deutschland fährt, dürfen wir hier kostenlos übernachten.
Am nächsten Morgen fahren wir weiter zum Kis-Balaton, dem „kleinen Plattensee", einem Naturschutzgebiet, das uns landschaftlich begeistert und an Alaska erinnert. Erneut zeigen sich aber nur wenige Tiere und insbesondere Vögel. Wahrscheinlich sind wir einfach zur falschen Jahreszeit unterwegs.
Zum Abschluss besuchen wir die Abtei Tihany, die auf einer Insel im Nordosten des Plattensees liegt. Dieses historische Benediktinerkloster ist die letzte Ruhestätte eines ungarischen Königs, das Grab ist in der Krypta zu besuchen. Das Kloster wurde 1055 gegründet und ist der Jungfrau Maria und dem heiligen Aignan von Orléans gewidmet.
Unsere Reise neigt sich dem Ende zu. Leider hat sich das bisher gute Wetter verschlechtert und der dauerhafte leichte Nieselregen macht uns den Abschied leichter.
Ungarn hat sich uns als freundliches, interessantes und leicht zu bereisendes Land gezeigt. Wenn wir wiederkommen, dann allerdings wohl eher im Frühjahr, da wir uns dann sowohl bessere Möglichkeiten der Naturbeobachtung als auch zur Übernachtung für uns als Wohnmobilfahrer versprechen.
Alle Kraftfahrzeuge müssen auf Autobahnen und Schnellstraßen, die mit einem "M" gekennzeichnet sind, eine elektronische Vignette haben und eine Gebühr entrichten. Einige Abschnitte der Autobahnen sowie Teile der Budapester Stadtautobahn sind jedoch von dieser Regelung ausgenommen.
Die ungarische e-Vignette, auch e-Matrica genannt, wird elektronisch anhand des Autokennzeichens kontrolliert.
Kauf der e-Vignette
Wir empfehlen, die e-Vignette vor Antritt der Reise online zu kaufen. Falls man unbeabsichtigt auf eine mautpflichtige Straße ohne Vignette fährt, hat man noch bis zu 60 MinutenZeit, die Vignette zu erwerben, ohne zusätzliche Gebühren zahlen zu müssen.
Beim Erwerb der e-Vignette erhält man einen Kontrollbeleg zur Unterschrift oder eine Bestätigungsnachricht bei einem Onlinekauf. Es ist wichtig, die Richtigkeit aller auf dem Beleg aufgeführten Daten zu überprüfen, insbesondere das Kfz-Kennzeichen, das Nationalitätszeichen, die Gültigkeitsdauer und die Fahrzeugklasse. Der Beleg muss zwei Jahre lang aufbewahrt werden, um im Falle von späteren Reklamationen als Nachweis zu dienen.
Wohnmobile bis 3,5 Tonnen:
Wohnmobile bis 3,5 Tonnen werden stärker bemautet, wenn sie in der Zulassungsbescheinigung Teil 1 als Fahrzeug zur Personenbeförderung mit mehr als 7 Personen oder als Nutzfahrzeug (N1) eingetragen sind.
Wohnmobile über 3,5 Tonnen
Wohnmobile über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht sind seit Januar 2024 von der streckenabhängigen elektronischen Mauterfassung (HU-GO-System) betroffen.
Seit Januar 2024 müssen Wohnmobile über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht (zGG), genau wie Busse und Lkw über 3,5 Tonnen, die streckenabhängige elektronische Mauterfassung (HU-GO-System) nutzen. Eine Vignette ist dafür nicht mehr nötig.
Das HU-GO-System
Für die Bezahlung gibt es drei Möglichkeiten:
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