5 Tage im Land der freien Friesen
Unsere nächste Tour führt uns in den äußersten Nordwesten Deutschlands, nach Ostfriesland.
Das historische Territorium der „freien Friesen“ erstreckt sich von den Ostfriesischen Inseln in der Nordsee über die Landkreise Aurich, Leer, Wittmund und das Gebiet der freien Stadt Emden bis ins Binnenland.
Die Küste (Teil 3) ist fest in touristischer Hand. Das „platte“ Binnenland, eine menschgemachte, von Entwässerungskanälen durchzogene Kulturlandschaft ist aber immer noch ein Geheimtipp (Teil 2). Auf unsere Reise durch die von Wind und Wasser geprägte Region besuchen wir idyllische Dörfer und maritime Städte, erkunden den Nationalpark Wattenmeer und erfahren viel über die Geschichte und Kultur der ehemals „freien Friesen“.
In diesem Teil der Tour geht es in den unbekannten Westen - zum Ende der Welt:
Unsere Route:
- Beste Reisezeit und Klima
- Ditzum - das Ende der Welt
- Die Bohrinsel
- Der Kiekkasten
- Weener
- Papenburg und die Schiffsüberführungen
- Leer
Weiter zum nächsten Teil: das ostfriesische Fehngebiet: hier
nicht zu unterschätzen:
Das ostfriesische Klima
Ostfrieslands Wetter steht unter dem Einfluss von Meer und Wind und ist dementsprechend launisch. Grundsätzlich ist das Klima gemäßigt, windig und feucht. Im Sommer wird selten die 25°C Marke überschritten, im Winter wird es nicht wirklich kalt, dafür bleibt der Himmel oft bedeckt und es ist neblig. Tage mit starkem Frost sind selten. Der Wind gehört zur Region wie die Kanäle und die Windmühlen, in Herbst und Winter kann er sich schnell zur „steifen Brise“ oder zum ausgewachsenen Sturm entwickeln.
Beste Reisezeit
Die touristische Saison dauert in Ostfriesland etwa von Ostern bis in den September. In der übrigen Zeit sind viele Attraktion geschlossen, Restaurants/Cafés außerhalb der größeren Orte nicht oder nur sehr begrenzt geöffnet. Aber auch dann ist die Region eine Reise wert. Sicher, das Wetter ist dann noch unbeständiger, aber es liegt auch eine besondere Stimmung und Ruhe über dem flachen Land.
Außerdem gibt es ja bekanntlich kein schlechtes Wetter, sondern nur die falsche Kleidung. Ostfriesennerz (gelber Regenmantel) und Gummistiefel sollten zumindest in Herbst und Winter zur Grundausstattung gehören.
das Dorf am Ende der Welt
Ditzum
Wir starten unsere Tour durch Ostfriesland im Rheiderland, das sich durch seine abgeschiedene Lage viel von seiner Ursprünglichkeit bewahrt hat. Ditzum, das erster Ziel unserer Tour, bezeichnet manch Einheimischer sogar liebevoll als das „Ende der Welt“. Es steppt in dem kleinen Fischerdorf sicherlich nicht der Bär, aber man kann hier gut Radfahren, endlose Spaziergänge unternehmen oder es sich einfach nur gut gehen lassen.
Im malerischen Hafen, der schon mehrfach als Filmkulisse dienen durfte, starten Bootstouren. Im Ortskern findet man einige empfehlenswerte Lokale, darunter auch das Selbstbedienungsrestaurant am Hafen.
Besonders Wohnmobilfahrer haben Ditzum ins Herz geschlossen und so hat die Gemeinde direkt hinter dem Deich einen schönen und sehr beliebten Wohnmobilstellplatz eingerichtet.
Wohnmobilstellplatz Ditzum
- Molkereistraße 7, 26844 Jemgum
- GPS 53.31461, 7.285158
- Wohnmobilhafen direkt hinter dem Deich mit VE und Strom
Das Rheiderland liegt nur knapp über dem Meeresspiegel, teilweise sogar darunter. So bringt uns eine kurze Fahrradtour zum nur gut 5 km von Ditzum entfernten Wynhamster Kolk
- GPS 53.27447, 7.265578,
der mit etwas mehr als 2,50 m unter Normalnull als tiefster Punkt Niedersachsen gilt. Direkt neben steht die Wasserschöpfmühle Wynhamster Kolk, ein Erdholländer, der 1804 zur Entwässerung des umliegenden Landes errichtet wurde.
Die Förderung des Wasser in einer Wasserschöpfmühle erfolgt häufig mit Hilfe einer archimedischen Schraube, als deren Erfinder der griechischen Mathematiker und Physiker Archimedes, der im 3. Jahrhundert vor Christus lebte.
Abstecher zur Bohrinsel
Wir machen nun einen Abstecher zur Bohrinsel, einer kleinen, künstlich aufgeschütteten Plattform im Deichvorland des Dollart, auf der in den 1960er Jahren Probebohrungen durchgeführt wurden. Da sich das untersuchte Gasvorkommen als wenig ergiebig herausstellte, wurden die Förderanlagen schnell wieder abgebaut.
Die Insel aber blieb und dient heute als Badestelle. Jedenfalls dann, wenn das Meer gerade mal da ist. Der Wasserstand der Nordsee ist gezeitenabhängig und so kann es besonders im Wattenmeer vorkommen, dass man das Wasser für mehrere Stunden nicht zu Gesicht bekommt. Aber auch bei Ebbe und besonders zum Sonnenuntergang ist die Bohrinsel ein beliebtes Ausflugsziel.
Parkplatz GPS 53.29365, 7.230493
Beobachtungsturm Kiekkasten
Wir befinden uns jetzt mitten im EU-Vogelschutzgebiet „Rheiderland und Dollart“. Besonders gute Beobachtungsmöglichkeiten bietet der direkt an der deutsch-niederländischen Grenze gelegene Beobachtungsturm mit dem bezeichnenden Namen „Kiekkasten“.
- Parkplatz GPS 53.23247, 7.211757
Von dem auf Pfählen errichteten Turm hat man einen traumhaften Blick. Ein Besuch lohnt besonders zur Zeit des Vogelzugs und im Winter, denn dann kann hier Tausende von Grau- und Nonnengänsen beobachten.
Tipp:
Das Fernglas und die Gummistiefel nicht vergessen. Der Bohlenweg zum Turm kann bei Springflut überspült werden.
Infobox: Plattdeutsch
In Ostfriesland sprechen viele Einheimische noch Platt. Meist sind es eher die „älteren Leute“, aber es werden Bemühungen unternommen das Plattdeutsch auch bei jüngeren Sprechern lebendig zu halten. Plattdeutsch ist kein Dialekt, sondern gilt als eigene Sprache.
ein beschauliches Hafenstädtchen mit Tradition
Weener
Ein Abstecher entlang der Ems bringt uns in das flussaufwärts gelegene Weener. Das beschauliche Hafenstädtchen lockt Besucher mit seiner netten Altstadt und dem alten Hafen aus dem 16. Jahrhundert, an dem einige historische Schiffe vor Anker liegen.
Rund herum findet man neben gepflegten Bürgerhäusern und Speichergebäuden auch einen direkt am Hafen gelegenen Wohnmobilstellplatz.
Wohnmobilstellplatz Am Alten Hafen in Weener
- Pannenborgstraße 11, 26826 Weener
- GPS 53.16878, 7.364317
- rund 50 Stellplätze auch für große Wohnmobile
- Navigationseingabe: "Pannenborgstraße"
- Sanitärgebäude
- Waschsalon mit Waschmaschine und Trockner
Wer sich für die Geschichte des 951 erstmals erwähnten Ortes interessiert, der besucht das Heimatmuseum. Im Kultur- und Bildungszentrum der Stadt, findet man mit dem „Organeum“ ein außergewöhnliches Museum für Tasteninstrumente, das an die reiche Orgelkultur in Ostfriesland anknüpft.
Imposant:
Die Meyer Werft in Papenburg
Das eigentliche Ziel unseres Abstechers entlang der Ems ist aber Papenburg oder vielmehr die dortige Meyer Werft. Das 1795 gegründete Schiffsbauunternehmen gilt als einer der wichtigsten Standorte des industriellen Erbes Europas und ist Teil der Europäischen Route der Industriekultur.
Wurden hier anfänglich noch Holzschiffe gebaut, so laufen heute in Papenburg riesige Kreuzfahrtschiffe vom Stapel. Der Transport der fast fertiggestellten Schiffe über die extra dafür aufgestaute Ems ist ein spektakuläres und von vielen Schaulustigen begleitetes Ereignis, das aber aus Naturschutzgründen höchst umstritten ist.
Die Überführungstermine sind meist kurzfristig der regionalen Presse zu entnehmen. Mehr Information bietet das Besucherzentrum; die Werft selbst steht Besuchern im Rahmen einer Führung offen.
- Parkplatz der Meyer-Werft. GPS 53.10014, 7.354630
Das Tor Ostfrieslands
Leer
Unser nächstes Ziel ist Leer, die nach Emden und Aurich, drittgrößte Stadt Ostfrieslands. Um dorthin zu gelangen, müssen wir aber erst einmal die Ems über- oder eigentlich eher unterqueren, denn unsere Route führt uns nun durch den 1989 für den Verkehr freigegebenen, knapp 1 km langen Emstunnel.
Die alte Hafen- und Handelstadt Leer liegt an der Mündung der Leda in die Ems, über die sie mit der Nordsee verbunden ist. Der durch eine Seeschleuse geschützte Hafen kann von Seeschiffen angelaufen werden und gilt damit als Seehafen.
Ein Rundgang durch die charmante Altstadt startet man am Besten am Museumshafen, der von beiden Wohnmobilstellplätzen der Stadt in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen ist. Sehenswert ist hier neben den vor Anker liegenden Traditionsschiffen auch die „Alte Waage“. In dem Gebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert befindet sich heute ein empfehlenswertes Restaurant mit Außenterrasse. Direkt gegenüber legen Rundfahrten durch den Hafen ab. Wir bummeln weiter entlang maritimer Backsteinhäuser, vorbei an kleinen Geschäften, Cafés und Restaurants. Leers Altstadt verströmt maritimen Charme und lädt zum Verweilen ein. Nicht umsonst spielt hier die bekannte TV-Serie „Friesland“.
Wohnmobilstellplätze:
- Parkplatz P9 - Große Bleiche GPS 53.22639, 7.446830
- Stellplatz Nessestraße GPS 53.22535, 7.454319
Ziele in der Umgebung:
Schloss Evensburg:
Etwas außerhalb von Leer liegt das Schloss Evensburg, ein 1860 im klassizistisch-barocken Stil errichtetes Wasserschloss, das in eine beeindruckende Parkanlage eingebettet ist. Der als englischer Landschaftspark konzipierte Schlossgarten gilt seit 1978 als Natur- und Kulturdenkmal und ist ganzjährig frei zugänglich. Eine Besichtigung des Schlosses ist gegen Gebühr möglich.
- Parkplatz: GPS 53.23197, 7.492267
Deutschlands schmalste Autobrücke:
Einige Kilometer flussaufwärts überspannt die Amdorf Brücke die Leda. Das in den 1960er Jahren errichtete Bauwerk gilt als Deutschlands schmalste Autobrücke. Einen Besuch plant man am Besten im Rahmen eines Fahrradausflugs, denn für die meisten Wohnmobile stellt die Brücke ein unüberwindbares Hindernis dar. Die Überfahrt ist nur für Fahrzeuge bis zu einer Breite von 1,80 und einem maximalen Gewicht von 2 t möglich und selbst für diese wird es aufgrund der schmalen Fahrradbahn eng.
Info-Box: Nationalsport Bosseln
Boßeln ist DER ostfriesische Nationalsport. Bei der Sportart, in der auch Meisterschaften ausgetragen werden, geht es darum auf einer befestigten Straße mit einer schweren Kugel aus Hartgummi eine vorgegebene Distanz zu überwinden. Die Kugel wird dabei mit Anlauf abgeworfen. Landet sie dabei im Graben, muss sie natürlich mit einem speziellen Gerät wieder herausgefischt werden.
Da der Sport oft auf öffentlichen Straßen gespielt wird, trifft man in Ostfriesland immer wieder auf entsprechende Warnschilder.
Gerne wird aber auch in geselliger Runde gespielt, gerne in Verbindung mit einem anschließenden deftigen Grünkohlessen. Zu erkennen sind solche Gruppen oft am mitgeführten Bollerwagen, gefüllt mit mehr oder weniger hochprozentigen Getränken.
Teil 2 unserer Reise:
Da, wo Ostfriesland am schönsten ist:
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