Raue Berge, atemberaubende Küsten, wunderschöne Seen, historische Burgen ....
Entlang der Westküste folgen wir nun zweispurig ausgebauten A-Straßen Richtung Norden bis Ullapool. Hier herrscht reger Verkehr und Michael wünscht sich aufgrund der geringen Fahrbahnbreite oft das gemütliche Fahren auf den Singel Track Roads zurück.
1. Die Westküste:
Wir kommen am Loch Maree, einem schönen und wie so oft für uns "vogelfreien" Binnensee vorbei und die besuchen die "Corrieshalloch Gorge" (N 57°45'18" W 5°01'22" - kein Eintritt, Spende erbeten), wo eine die Schlucht überspannenden Hängebrücke und eine Aussichtsplattform einen direkten Blick in die Tiefe und auf einen tosenden Wasserfall ermöglicht. Kein Ausflug für Menschen mit Höhenangst.
Ullapool ist ein Fährhafen von dem die Fähren nach Harris und Lewis ablegen und Versorgungsknotenpunkt für die Region sowie durchreisende Touristen. Darüber hinaus gibt es einige Lokale und uns wird erzählt, dass es hier in den Pubs zumindest in der Saison oft Live-Musik zu hören gibt. Wir legen einen dringend notwendigen Einkaufsstopp bei TESCO (hier gibt es auch kostenfreies WIFI) ein. Da wir den Ort aber ansonsten wenig attraktiv finden, ziehen wir danach gleich weiter, natürlich aber nicht, ohne vollgetankt zu haben, denn Tankstellen sind in den Highlands dünn gesät.
Für uns geht es auf der A835 zu zügig voran und so nutzen wir die erste Möglichkeit diese gen Westen zu verlassen und landen auf "The Summer Isles". Auf einer kleinen Runde über die Halbinsel mit ihren kleinen Ferienhäuschen sehen wir Skuas, räuberische Möwen, Sterntaucher und jede Menge Bremsen, von denen eine leider Iris in den Fuß beißt.
Die Küstenstraße, die bis Lochinvern auch "wee mad road" (kleine verrückte Straße) genannt wird und für größere Fahrzeuge definitiv nicht geeignet ist, bringt uns zum Leuchtturm von Stoer. Von hier aus führt ein 3km langer Wanderweg zum "Man of Stoer", einer der Steilküste vorgelagerten Steinformation. Da der Bremsenstich Iris außer Gefecht gesetzt hat, lassen wir die Wanderung aber aus.
Leuchtturm als solcher ist in Betrieb nur heutzutage voll automatisiert und aus der Ferne überwacht. Das benachbarte Wärterhaus kann man daher als Ferienhaus mieten; am Tor prangt ein Schild "Rent a Lighthaus". Wir finden unseren Stellplatz auf dem Parkplatz vor dem Turm aber deutlich besser, blockiert uns doch keine Mauer die Sicht auf den Ozean. Am Morgen ziehen Eissturmvögel, Basstölpel, Skuas und andere Vögel von ihren Brutplätzen in Richtung ihrer Futterplätze auf hoher See vorbei.
Eigentlich steht nun ein Besuch von Handa Island, einer für die an ihrer Steilküste nistenden Seevögel bekannte Insel, auf unserem Programm. Von Tempten gibt es eine Fährverbindung mit einer wirklich kleinen Fähre; ein 5km Rundweg führt dann an den Vogelfelsen vorbei. Auch dieser Ausflug muss aber dank Iris dick angeschwollenem Fuß für uns ausfallen.
Das Gleiche gilt auch für den geplanten Trip nach Cape Wrath, einem weiteren Vogelfelsen. Diesmal ist aber das schottische Militär Schuld.. Bei unserem Besuch im Juli 2018 ist das auf einem Militärgelände gelegene Gebiet für Besucher aufgrund von Truppenübungen gesperrt. Wenn die Truppe nicht am Üben ist, bringt den Besucher eine kleine Fähre von Keoldale über den Kyle of Durness. Die restlichen 11 Meilen werden per Minibus zurückgelegt.
Wir beschließen unsere Tour entlang der Westküste in Durness einem kleinen Ort, der seine militärische Vergangenheit nicht verleugnen kann und außer einem SPAR-Laden und einem Campingplatz selbst wenig zu bieten hat.
Seine Traumstrände haben mit ihrem hellen Sand aber schon fast karibisches Flair: Wenn das Wasser nur nicht so kalt wäre.
Unsere Stellplätze:
- Gruinard Beach: Strandparkplatz an A832 (N 57°51'07" W 5°27'06")
- Achnahaird Bay: Parkplatz unweit des Strands
- Stoer Lighthaus: Parkplatz vor dem Leuchtturm
(N 58°14'18.7" W 5°24'05") - Kinlochbervie/Droman-Bucht: Parkplatz an Slipanlage (N 58°29'01 " W 5°06'44", sehr enge Zufahrtsstraße); VE gegen Spende am kostenpflichtigen Stellplatz in Kinlochbervie
(N 58°27'34" W 5°03'22")
"Highland Clearances" - Vertreibung der Einheimischen
Häufig trifft man in Schottland auf verfallene Gebäude. Meist handelt es sich dabei um Einzelgehöfte oder auch ganze Siedlungen, die im späten 18. bis ins frühe 19. Jahrhundert von ihren Bewohnern aufgegeben wurden. Dies geschah aber nicht freiwillig. Vielmehr mussten die Menschen und ihre Behausungen der immer weiter wachsenden Schafzucht und den hierfür notwendigen Weideflächen weichen.
Das Land gehörte meist weit entfernt lebenden Gutsherren; die Besitzverhältnisse selbst waren traditionell gewachsen und nicht wirklich geklärt. Entschied ein Großgrundbesitzer, dass er mehr Land für seine Schafe benötigte, ließ er (oder auch sie) die bisherigen Bewohner gewaltsam vertreiben. Meist mussten diese Haus und Hof kurzfristig, das heißt innerhalb von 48 Stunden oder teilweise sofort verlassen, und verloren damit nicht nur das Dach über ihrem Kopf sondern auch praktisch alles Hab und Gut und ihre Lebensgrundlage.
Diese für viele Schotten traumatische Epoche wird "Highland Clearances" oder kurz "Clearance" genannt und gibt der allgegenwärtigen Schafzucht einen schalen Beigemack. Diese "Räumung" des Hochlands beendete das Clanwesen und zwang viele der so Vertriebenen zur Auswanderung (oftmals war auch diese erzwungen) oder als billige Arbeitskräfte für die aufstrebende Industrie in die Großstädte. Auch Missernten, eine sich vergrößernde Bewölkerung und dadurch verursachte Hungersnöte taten ihr Übriges, um die Menschen aus den Highlands zu vertreiben.
Wir besichtigen unweit des Ortes Durness die Ruinen der Siedlung "Ceannabeinne" (N 58°33'05" W 4°41'19") und folgen dem ausgeschilderten Trail durch die kaum noch sichtbaren Überreste der ehemals 14 Häuser dieses Ortes in landschaftlich traumhafter Lage. Allein das ehemalige Schulhaus hat überdauert und dient heute als Ferienhaus. Zwischen den Infotafeln grasen Schafe, was sonst.
Fotogalerie: Westküste der Schottische Highlands
2. Entlang der Nordküste
Kurz hinter Durness kommen wir zu den Smoo Caves, denen wir einen kurzen Besuch abstatten. Über steile Stufen geht es von den Klippen hinunter zum Eingang auf Meereshöhe.
Die ersten beiden Höhlen sind frei zugänglich, weiter ins Höhlensystem im Karstgebiet unter Durness kommt man mit einer geführte Tour per Schlauchboot.
Wir übernachten auf einem Parkplatz gegenüber der "Golden Eagle Zip Line", mit der, wer will, an einem gespannten Seil hängend über die Schlucht gleiten kann. . Es ist allerdings so windig, dass nur Vögel aber kein Mensch "vorbeigeflogen" kommt; man scheint den Betrieb eingestellt zu haben. Vom Auto aus haben wir einen Blick auf den gegenüberliegenden Strand und die im Grasland davor aufgebauten Zelte. Diese Art improvisierter Campingplätze ergeben sich in Schottland an schönen Plätzen immer wieder. Freies Campen ob mit Wohnmobil oder Zelt ist erlaubt; es wird nur erwartet, dass man den den Platz hinterher sauber wieder verlässt. Meist soll man auch das Feuermachen unterlassen, den das Land ist in diesem Jahr wie ganz Europa ausgetrocknet und schon ein Funke kann einen Flächenbrand entzünden.
Auf der Fahrt entlang der Küste gen Osten verändert sich nun die Landschaft. Die kargen Gipfel und Bergkämme werden weniger, dafür dominieren Moorgebiete das Bild. Am Loch Hope verlassen wir die Küstenstraße und fahren an dessen Ostufer in Richtung Norden, um einen Abstecher ins Landesinnere zu machen. Auf einer "Single Track Road" kommen wir am Broch Dun Dornaigil (N 58°21'58" W 4°38'20") vorbei.
Brochs sind runde Wohngebäude, wie man sie nur in Schottland findet. Vor etwa 2000 Jahren begann man diese turmartigen Häuser zu bauen und nutze diese noch viele hunderte von Jahren weiter. Dicke Wände umschließen einen Wohnraum; bei den aufwändigeren Konstruktionen befinden sich zwischen äußeren Doppelwänden Gänge und Treppen. Ins Innere gelangt man durch einen engen Flur, der manchmal auch mit einem Wachraum versehen ist. Im Grunde erinnern die Brochs an kleine Burgen und wahrscheinlich sind sie auch deren Vorläufer. Der Broch Dun Dornaigilist ist frei zugänglich und wurde bisher nicht genau untersucht, d.h. noch nicht komplett ausgegraben.
Bei Tongue stoßen wir wieder auf die Durchgangstraße, verlassen diese aber kurz später wieder um auf einer engen Nebenstraße dem Küstenverlauf zu folgen. Hier scheint die Zeit noch früher stehen geblieben zu sein, als in den übrigen Northern Highlands. Kleine Farmen säumen die Straße; über einen Zaun hängen zwei Fuchskadaver und auf einem alten Anhänger liegt getrockneter Torf, der offenbar zum Heizen verwendet werden soll.
Weiter geht es für uns an der Küste nach Thurso, wo wir unsere Vorräte auffüllen und es seit zwei Wochen zum ersten Mal wieder eine stabile und schnelle Internetverbindung gibt. Von Thurso aus, kann man per Fähre auf die Orkney und sogar weiter auf die Shetland Inseln fahren. Dafür reicht aber unsere Zeit nicht aus und so verschieben wir diese Besuche auf ein nächstes Mal.
Unsere Wohnmobil-Stellplätze:
- Durness: Parkplatz an der "Golden Eagle Zip Line" (N 58°32'52.9" W 4°40'35.2")
- Tongue: Parkplatz an der A838 am View Point Tongue (N 58°29'32" W 4°26'08")
der nördlichste Punkt des britischen Festlands
Dunnet Head
Vorbei geht es am endlosen Sandstrand von Thurso zum Dunnet Head, dem nördlichster Punkt des britischen Festlands. Hier steht einer der 206 Leuchttürme Schottlands (incl. Isle of Man). Knapp hundert davon wurden innerhalb von 150 Jahren von einem Mitglieder "Leuchtturmbauer-Familie" Stevenson entworfen. Der 1831 gebaute Leuchtturm Dunnet Head geht auf Robert Stevenson zurück. Und ja, Robert Stevenson hat etwas mit Robert Louis Stevenson, dem Autor der "Schatzinsel", zu tun. Dieser ist sein Enkel, dem die Idee zu seinem Roman bei der Arbeit an einem der Leuchttürme seiner Familie gekommen sein soll, denn auch er sollte ursprünglich Ingenieur werden.
Weit weniger imposant ist der 1924 erbaute Leuchtturm von Duncansby Head an unserem nur etwa 20 Meilen entfernt liegenden, nächsten Stellplatz, aber auch dieser wurde von einem Mitglieder der Familie Stevenson konzipiert. Dieses Mal ist es aber Charles Alexander Stevenson, ein weiterer Enkel von Robert.
Beide Leuchttürme sind noch in Betrieb, aber nicht mehr bemannt. Auch hier erfolgt die Steuerung mittlerweile vollautomatisch bzw. ferngesteuert, moderne Leuchtmittel ersetzen schon lange die wartungsintensive Petroleumlampe.
Unsere Wohnmobil-Stellplätze:
- Dunnet Head: Parkplatz vor dem Leuchtturm (58°40'13.1"N 3°22'35.9"W'')
- Duncansby Head: Parkplatz vor dem Leuchtturm (58°38'37.7"N 3°01'39.5"W)
Unser nächstes Ziel:
Die Highlands entlang der Ostküste
Vogelbeobachtung in den Highlands:
N
Besuche seit 1.6.23: (19,2,24; 94)